Abklärung des Nierensteinleidens (Nephrolithiasis)

Nieren- und Harnleitersteine sind häufig und werden den sogenannten Wohlstandsleiden zugerechnet. Zwischen 10 und 15 Prozent der Bevölkerung erkranken im Verlauf des Lebens an einer Nephrolithiasis. Die Entstehung von Nierensteinen ist komplex – neben noch nicht vollständig bekannten genetischen Faktoren spielen dabei v.a. Umwelt- und Ernährungseinflüsse eine wichtige Rolle. Die Steinbildung steht in direktem Zusammenhang mit der Ausscheidung von „Stoffwechselabfall“ durch die Nieren. Dabei werden im Urin schlecht lösliche Substanzen konzentriert, welche kristallisieren und Konkremente bilden können.

Die Ausscheidung mikroskopisch kleiner Kristalle ist normal: bei gesunden Menschen werden jeden Tag bis zu zehn Millionen solcher Kristalle ohne Symptome ausgeschieden. Dies ändert sich, wenn Kristalle zu grösseren Partikeln verklumpen (aggregieren) oder auf vorbestehenden Verkalkungen im Bereich des Nierenbeckens über Monate zu einem Stein auswachsen, welcher nicht mehr durch die engen Harnleiter passt. Nebst massiven Kolikschmerzen resultiert durch das festsitzende Hindernis unter Umständen ein Harnrückstau, der zu einer Druckschädigung der Niere führen kann.

Wichtig für Diagnostik und Therapie ist die Kenntnis der kristallinen Zusammensetzung der Steine, weshalb die Steinanalyse zu den Basisabklärungen bei Nierensteinpatienten gehört. In einer prospektiven Langzeitstudie an 531 konsekutiven Nierensteinpatienten wiesen 85% kalziumhaltige Steine auf (Kalziumoxalat, Kalziumphosphat), 10.4% Harnsäuresteine, 1.5% gemischte Kalzium-Harnsäuresteine und je 1.6 und 1.5% infektbedingte und Zystinsteine (Sromicki J et al, J Nephrol. 2022 DOI 10.1007/s40620-021-01207-7).

Zur Abklärung eines Nierensteinleidens gehören auch Blut- und Urinuntersuchungen, die über den Kalzium-stoffwechsel (inkl. Vitamin D und Nebenschilddrüsenfunktion), den Säure-Basenstoffwechsel und die Ernährungsgewohnheiten Auskunft geben. Genauen Aufschluss über Lage und Grösse noch vorhandener Steine in den Nieren vermittelt die niedrig dosierte Computertomographie.   

Normalerweise wird das Steinwachstum durch im Urin ausgeschiedene Stoffe wie Zitrat oder gewisse Urineiweisse gebremst. Bei Patienten mit Nierensteinen sind diese Hemmfaktoren der Kristallisation häufig nicht genügend vorhanden oder funktionieren nicht normal. So führt beispielsweise eine erhöhte Säurebelastung des Stoffwechsels (übermässiger Konsum von Fleischprotein, gestörte Säureausscheidung durch die Nieren) zu verminderter Ausscheidung von Zitrat, dem klinisch wichtigsten Hemmer der Steinbildung. Andrerseits führt eine erhöhte Konzentration steinbildender Substanzen wie Oxalat, Kalzium oder Harnsäure vermehrt zur Steinbildung. 

Die wichtigste Massnahme zur Prophylaxe weiterer Steinepisoden ist eine regelmässige hohe Flüssigkeitszufuhr, die eine Ausscheidung von mindestens zwei Litern Harn pro Tag gewährleistet. Enorm wichtig ist zudem eine ausgewogene Ernährung: Fleischprotein (alle Fleisch- und Wurstwaren, Aufschnitt, sämtliche Sorten Fisch, alles Geflügel, Wildgerichte) im Übermass begünstigt die Kalzium- und Harnsäuresteinbildung und soll deshalb höchstens einmal pro Tag konsumiert werden. Gemüse und Früchte als basische Nahrungsmittel hingegen wirken generell der Steinentstehung entgegen und sollen täglich mindestens 3 x eingenommen werden.

Der Konsum oxalsäurereicher Produkte (Spinat, Rhabarber, rote Beete, Nüsse, Mandeln, Pistazien, Weizen-Bran-Produkte etc.) ist zwar sehr gesund, kann aber bei wegen gesteigerter Aufnahme von Oxalat aus dem Darm mit nachfolgend vermehrter Urinausscheidung nierensteinfördernd wirken. Wird die Aufnahme von Oxalat aus dem Darm durch gleichzeitige Einnahme von Kalzium während des Essens (z.B. kalziumreiches Mineralwasser als Tafelgetränk) und Auskristallisation mit Kalzium bereits im Darm reduziert, sinkt die Kalziumoxalat-Urinübersättigung als treibende Kraft der Kalziumoxalat-Kristallisation und -Steinbildung signifikant ab (Sromicki & Hess, Urolithiasis 48: 425-433, 2020).

Ihr Spezialist:

PD Dr. med. Bernhard Hess

Cookie Consent Banner von Real Cookie Banner